Die Preise für Erdgas sind im August in die Höhe geschossen. Seit Wochen sind sie jetzt wieder im Sinkflug.
Was passiert da?
Ein aktueller Artikel im Handelsblatt gibt dazu sehr hilfreiche Hinweise: Mehr als 30 LNG-Tanker dümpeln vor den Küsten Westeuropas vor sich in. Anders als bei den jüngsten Staus sind es keineswegs die unzureichenden Entladekapazitäten. Hinter dem ungewöhnlichen Verhalten wittern die Londoner Analysten einen anderen Grund: Die Gashändler warten für ihre Lieferung, die zu 60 Prozent von den Hauptlieferanten Australien, Katar und den USA herbeigeschifft wird, auf „bessere Preise„.
Allerdings sollten die Tanker nicht zu lange dümpeln, sonst hat sich die wertvolle und auf minus 163°C gekühlte Ladung verflüchtigt. Gleichzeitig kämpfen Länder wie Pakistan und Bangladesh mit massiven Stromausfällen: Wir haben denen das LNG, das sie für die Stromerzeugung brauchen, einfach weggekauft.
Zurück zur Preisentwicklung: Die Reduktion der Gaslieferungen aus Russland und deren endgültigem Stop im August sind die idealen Voraussetzungen für Gasverkäufer und Gashändler, um die Preise nach oben zu treiben. Vor allem dann, wenn alle europäischen Staaten genau zu dieser Zeit mit Vollgas ihre Speicher für den kommenden Winter auffüllen.
Jetzt sind die Speicher voll, und auch der Verbrauch ist dank der hohen Preise und milden Witterung moderat. Was passiert? Die Preise purzeln, weil niemand das Gas brauchen kann. Jetzt warten die Händler auf das kalte Winterwetter mit steigenden Preisen, um ihren Profit wieder zu maximieren.
Während die Regierungen verzweifelt versuchen, die Folgen der hohen Energiepreise für die Bürger und Wirtschaft abzumildern, verdienen die Produzenten fossiler Energien 2.000 Milliarden Dollar, wie im aktuellen World Energy Outlook 2022 der IEA zu finden ist:
„The crisis has stoked inflationary pressures and created a looming risk of recession, as well as a huge USD 2 trillion windfall for fossil fuel producers above their 2021 net income“
(Die Krise hat den Inflationsdruck angeheizt und die Gefahr einer Rezession heraufbeschworen sowie den Produzenten fossiler Brennstoffe einen riesigen Gewinn von 2 Billionen US-Dollar über ihre Nettoeinnahmen im Jahr 2021 hinaus beschert)
Das sind die Folgen unserer Abhängigkeiten von wenigen Lieferanten. Und wie ist das beim Strom?
Hier bietet eine Nachricht aus dem IWR Newsletter interessante Einblicke: Etwa 50 Prozent unseres Stroms kam in diesem Jahr (Januar bis Oktober) aus Erneuerbaren Energien. Sonne, Wind und Wasser senden aber keine Rechnung, und die Anlagen laufen schon seit langem. Auch wird die EEG Umlage aus dem Strompreis entfernt. Der grüne Strom ist damit sehr billig geworden und hat nichts mit den aktuell hohen Preisen zu tun.
Heimische Braunkohle, deren Preis nicht vom internationalen Handel abhängt, hat zu 21 Prozent zur Stromerzeugung beigetragen, und die von manchen als so wichtig angesehene Atomkraft nur zu knapp 7 Prozent. Diese Kraftwerke sind jedoch alle abgeschrieben und können daher sehr billig produzieren. Der Preis für die CO2-Zertifikate, die den Strompreis in den letzten Jahren nach oben getrieben haben, ist in diesem Jahr nicht gestiegen. Also ebenfalls kein Grund für hohe Strompreise!
Warum sind dann die Strompreise trotzdem so hoch?
Erdgas ist aufgrund des Merit Order Effekts der Preistreiber beim Strom, hat aber nur zu 10 Prozent zur Stromversorgung beigetragen. Alle anderen Stromerzeuger verdienen sich dabei eine goldene Nase, während die Politik gleichzeitig verzweifelt nach Lösungen für not-leidende Haushalte und Firmen sucht !
Mit den fallenden Erdgaspreisen beginnen jetzt zeitverzögert auch die Strompreise wieder zu fallen.
Was können wir tun, um uns vor solch dramatischen Entwicklungen zu schützen?
Unsere Abhängigkeit von fossilen Energien ist mit 80 Prozent viel zu hoch. Das müssen wir sehr schnell ändern. Das heißt weniger fossile Energie verbrauchen, wo immer das möglich ist, und die Erneuerbaren Energien vor Ort so schnell als möglich ausbauen. In unserer Region ist das die Photovoltaik!