Nachgefragt: E- oder H2-LKW?

Die Klimaziele, die seitens der EU und der Bundesregierung auch für die mehr als dreieinhalb Millionen LKW gelten,  die in Deutschland zugelassen sind, bedeuten gerade auch für Speditionen eine große Herausforderung. Denn ab 2035 gilt:

Neuanschaffungen dürfen keine Treibhausgase mehr ausstoßen!

Wir haben deshalb Geschäftsführer Walter Müller und seine Referentin, Tochter Stefanie Müller, von der Max Müller Spedition gebeten, aus der Praxis zu diesem Thema zu berichten. Hier also unsere Fragen und die Antworten der beiden Repräsentanten der Opfenbacher Spedition:

Vor rund 7 Jahren haben Sie einen der ersten E-LKW angeschafft, nicht zuletzt deshalb, um Erfahrungen mit dieser Technik zu sammeln. Wie lautet Ihr Fazit?

Müller: Der LKW fährt jeden Tag, ist zuverlässig, wir fahren um die 120 – 170 km pro Tag und das schafft er locker. Im Nahverkehr paßt so ein Elektro LKW. Die Anschaffungskosten (heute) liegen bei dem 4-fachen eines Diesel-LKW. Da die Kassen beim Bund leer sind, wird es in absehbarer Zeit keine Zuschüsse mehr geben. Deshalb sind weitere Fahrzeuge für uns komplett unwirtschaftlich, sonst hätten wir schon längst weitere E-LKW in Dienst gestellt. Die seinerzeit geplanten geringeren Reparatur & Wartungskosten gegenüber einem Diesel LKW haben sich leider nicht eingestellt. Wir brauchen zwar keinen Ölwechsel, dafür sind die Elektronikbauteile sehr sehr teuer und unter dem Strich haben wir die gleich hohen Unterhaltskosten wie bei einem Diesel LKW.

Wir wissen, dass Sie sich von Beginn an besonders auch für Wasserstoff-LKW interessieren. Sie hatten sich auch intensiv mit den Schweizer Aktivitäten auseinandergesetzt. Wie beurteilen Sie die Strategie der europäischen im Vergleich zu den asiatischen Fahrzeugherstellern?

Müller: Ich habe gelesen, daß sich Mercedes Benz auch damit beschäftigt und 2025 einen H2-LKW bringen wird. Es gibt auch andere Hersteller (Augsburg), die solche Fahrzeuge bauen und verkaufen. Es gibt auch grünen Wasserstoff, was uns aber noch fehlt ist eine Tankstelle (da arbeiten wir aber mit Hochdruck an einer Lösung).
Was uns sehr große Sorgen bereitet sind jedoch die notwendigen staatlichen Zuschüsse, die – so aktueller Stand –  in nächster Zeit leider ausbleiben.
Ein Diesel-LKW kostet um die 100 T€ und ein H2-LKW um die 500 T€ ( je nach Ausstattung ) – ohne die 80 Prozent Zuschuss für die Mehrkosten rechnet sich so ein LKW niemals und wir könnten dann auch nicht umstellen, da wir wirtschaftlich arbeiten müssen.

Welche Hemmnisse sehen Sie sowohl aus technischer als auch politischer Sicht, um den Hochlauf sowohl von E- als auch H2- LKW zu beschleunigen?

Müller: Den bisher geplanten Zuschuss von 80 Prozent der Mehrkosten eines solchen Fahrzeuges, die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge (wir müssten über 1 Mio € in das Netzwerk in Opfenbach investieren, Trafostation und Ladestationen) um z.B. unsere 35 Nahverkehrs LKW mit E-Fahrzeugen betreiben zu können. Im Sommer gibt es immer genügend Strom, auch aus eigenen PV-Anlagen, aber im Winterhalbjahr sehe ich in Zukunft „schwarz“, wenn wir nur auf PV + Wind bauen.

Wer wird sich um die Lade- bzw. Betankungsinfrastruktur kümmern?

Müller: Wir sind da (meine Tochter insbesonders) mit Hochdruck dran und führen fast täglich Gespräche und Verhandlungen (siehe auch oben)! Wir erhalten hier bereits tolle Unterstützung von Gemeinden, Ämtern und weiteren Akteuren, ohne die es nicht möglich wäre!

Was glauben Sie, wie sich Ihr Flottenbestand bezüglich der Antriebstechnik von derzeit rund 90 LKW im Jahr 2030 zusammensetzen wird?

Müller: Meine Hoffnung ist, daß wir dann bei 70 – 80 Prozent alternativen Antrieben sein werden, davon je 50 Prozent H2 (Fernverkehr ) + 50 Prozent Elektro (Nahverkehr). Aber die politischen Rahmenbedingungen machen dies aktuell unmöglich.

Sie beobachten den Markt genau. Was raten Sie Kollegen, die sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre LKW-Flotte rechtzeitig emissionsfrei und klimaneutral bekommen können?

Müller: Sich ständig mit dem Thema befassen, eine Person im Unternehmen aussuchen, die sich intensiv mit den Themen auseinandersetzt. Klären, welche Investitionen notwendig sind, dass man in großem Stil E-LKW laden kann (am eigenen Standort) und welche Kosten hier anfallen. Ständig prüfen, ob es und falls ja, welche Förderungen es für die Investition in Ladeinfrastruktur/H2-Tankstellen & E + H2-LKW gibt.

Zu den Kosten: haben die Hersteller Ideen , wann es billiger wird? Oder warten die, bis die asiatische Konkurrenz die LKW zu attraktiven Preisen anbietet- wie bei den PKW?

Müller: Mercedes hat jetzt für den Fernverkehr einen LKW angeboten (soll ab 2025 kommen), der angeblich 600 km Reichweite hat (im Sommer bei halber Zuladung vermute ich) und nur noch knapp 300 T€ kosten soll. Aber der Einsatz im Fernverkehr setzt natürlich voraus, daß ich Lademöglichkeiten in Europa habe!

 

Foto: Max Müller Spedition & Logistik

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