Die morgendliche Lektüre der Nachrichtenrund rund um das Thema Energie- und Mobilitätswende hinterlässt bei mir immer mehr Fragezeichen: Die vielen widersprüchlichen Aussagen müssen doch alle Leser verwirren.
Hier drei aktuelle Beispiele, alle hintereinander gelesen im Newsletter von Electrive Today vom 10. Dezember:
Der BMW Chef zu den Plänen der EVP-Fraktion, die CO2-Flottenziele für 2025 zu verschieben:
„Wir kennen die Ziele für 2025 seit dem Jahr 2019. Entsprechend haben wir unsere Modellpolitik ausgerichtet und die Effizienz der Antriebsstränge weiter erhöht … Nahezu alle Verbrennungsmotoren von BMW arbeiten inzwischen mit 48-Volt-Technik. Dafür muss man rechtzeitig investieren – ansonsten sind Sie als Hersteller nicht auf die neue Regulatorik vorbereitet … Wir sehen keinen Anlass, die CO2-Ziele für 2025 zu verschieben.“
„Die CO2-Regulierung für Neuwagen ist entkoppelt von der Renewable-Energy-Direktive, die etwa die CO2-Bilanz von Kraftstoffen regelt. Warum wird die Mineralölindustrie nicht mit anspruchsvolleren CO2-Zielen für Kraftstoffe belegt?
Und zum Thema die Wasserstoff-Brennstoffzelle auf den Markt zu bringen:
„Grundlage der Entscheidung ist eine Analyse, was auf den Weltmärkten passiert: Wohin entwickelt sich die Regulatorik, was erwarten die Kunden?“
Gleichzeitig fordert der Ex-VW-Personalchef Blessing im Spiegel die gleichen niedrigen Strompreise für die Elektro-Autos wie in China. Und wie selbstverständlich behauptet er, die Batterie-elektrische Mobilität sei die einzig sinnvolle Lösung.
Zu guter Letzt äußert sich der Noch-Bundeskanzler Scholz zum VW-Dilemma:
„Die Schließung von Standorten wäre nicht der richtige Weg …
Gerade weil Fehlentscheidungen des Managements zu der schwierigen Situation beigetragen haben, wäre das nicht in Ordnung.“
Was mache ich jetzt mit diesen verwirrenden Botschaften? Wie gehen wir als Gesellschaft damit um?
In den sozialen Medien wird zu all den oben genannten Themen mit Sicherheit heftigst debattiert – was vermutlich niemandem wirklich weiterhilft.
Hier kommen meine etwas hintergründig formulierten Gedanken zu den Aussagen der prominenten Verantwortlichen:
Der Politiker scheint den Namen „Volkswagen“ dahingehend zu interpretieren, dass das Volk, sprich der „Steuerzahler“, den Weltkonzern retten kann. Das klingt sehr utopisch. Auch scheint er bei seiner Management-Schelte vergessen zu haben, dass Politik und Gewerkschaft gemeinsam die Mehrheit im VW-Aufsichtsrat haben und schon immer das Management mitbestimmt haben.
Der Ex-VW-Manager schiebt gleich mal die Verantwortung auf die anderen ab: Irgendjemand müsse sich um den Strompreis in Deutschland kümmern, VW jedenfalls nicht. Dass sein größter Markt in genau dem Land liegt, das die niedrigsten Strompreise hat, scheint er vergessen zu haben. Und die sehr einseitige Technologie-Entscheidung des VW-Managements ist über jeden Zweifel erhaben: Also immer mit dem Finger auf die anderen zeigen, die das Problem lösen müssen – in der Managersprache nennt man das das NIMBY-Syndrom (Not In My Back Yard).
Ganz anders der BMW-Manager: Die Spielregeln im Europäischen Automarkt sind seit vielen Jahren gesetzlich geregelt und wir hatten genug Zeit, uns darauf einzustellen. Ein globaler Konzern sollte sich auch nach den unterschiedlichen Spielregeln und Kundenwünschen in anderen Regionen der Welt richten. Der Hinweis, dass die CO2-Emission vom Kraftstoff und nicht vom Auto kommt, ist physikalisch nicht zu widerlegen – allerdings könnte die Autoindustrie hier auch mehr Eigeninitiative zeigen, wenn die Mineralölkonzerne sich nicht bewegen wollen – Stellantis macht das zum Beispiel mit Saudi Aramco.
Wer ist nun verantwortlich für die Energie- und Mobilitätswende?
Wir als Gesellschaft haben vergessen, langfristig zu denken, statt nur kurzfristig Profite zu maximieren.
Wir selbst können die Energie- und Mobilitätswende vorantreiben und sollten aufhören immer auf andere zu zeigen.
Bild: Petra Boeger mit KI generiert