…dann kann er ‚was erzählen.
Natürlich geht es hier um die E-Mobilität.
Anfang dieser Woche durfte ich einen Vortrag in Erding, östlich von München, halten. Auf einer Konferenz zu Zukunftstechnologien für Fahrzeuge berichtete ich über meine Erkenntnisse zu Innovationen. Relativ selten bin ich inzwischen längere Strecken unterwegs ist – da prägen sich doch manche Eindrücke verstärkt ein.
Die Fahrt mit meinem „E-Autole“ war entspannend und problemlos. Die 300 Kilometer Reichweite (im Sommer) sind ausreichend, und am Ziel gab es genügend Zeit zum Nachladen. Auffallend waren die vielen neuen Photovoltaik-Flächen, die gerade entlang der A 96 errichtet werden und sich offensichtlich noch rechtzeitig Module aus China gesichert haben. Das hilft natürlich beim Laden der Batterie an sonnigen Tagen und damit die Reise auch wirklich klimaneutral wird. Meine Erwartung war, dass es in einer Stadt mit Tagungszentrum und Therme ausreichend Ladesäulen gibt. Der Blick auf die App klärte mich vom Gegenteil auf: ganze drei Ladesäulen, und selbst die über die Stadt verteilt waren die Realität – irgendwie nicht so recht passend zum Thema der Konferenz. In einer Sackgasse, versteckt hinter Büschen, wurde ich fündig, so dass die Rückreise ohne Ladestopp gesichert war.
Die vielen Staus im Großraum München, in denen E-Fahrzeuge nur in homöopathischer Dosierung zu erkennen sind, passten so gar nicht zu den Nachrichten im Autoradio. Die Preise für Benzin und Diesel erreichen Rekordnivau – und schon hat die Regierung hat eine massive Steuersenkung für fossile Kraftstoffe beschlossen. Nachdem die 3-spurigen Autobahnen ständig übervoll sind, können die hohen Spritpreise doch kein Problem sein – oder? Vor vielen Jahren wurden Energiesteuern und vor Kurzem auch noch die CO2-Steuer für Kraftstoffe eingeführt, um etwas Gutes für das Klima zu tun. Warum dann jetzt eine so massive Steuersenkung für alle CO2-emittierenden Autos und LKWs?
Ach ja – der Ukraine-Krieg. Der ist auch ein prägendes Thema im Autoradio: die EU wird sich zum Ölembargo gegen Russland nicht einig. „Warum senkt dann die deutsche Regierung die Steuern auf Benzin und Diesel, wenn sie gleichzeitig russisches Erdöl verbannen will?“ – so meine Gedanken im Stau.
Da fällt mir noch das Klimaschutzgesetz ein, das jetzt seit einem Jahr in seiner verschärften Form in Kraft ist und dessen Ziel wir im letzten Jahr im Verkehrsbereich sehr deutlich gerissen haben. Interessanterweise entspricht die bis 2030 geplante Reduktion an fossilen Kraftstoffen (es bleiben nur noch wenige Jahre bis 2030) ziemlich genau der Menge, die wir aus Russland beziehen. Da könnten wir doch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Klimaschutz und Geopolitik. Diese Botschaft höre ich nicht in den Nachrichten.
Je weiter man auf der A96 die Landeshauptstadt hinter sich lässt und sich dem Bodensee nähert, desto geringer der Verkehr und desto höher die Geschwindigkeit auf der linken Fahrbahn. Wommm – das war ein Audi, der mit 200 Sachen vorbei flog. Wommm – gleich dahinter ein dynamischer BMW. Wommm – und dann auch noch ein Porsche. Bei dem ohrenbetäubenden Lärm frage ich mich, warum es nur im Großraum von München Geschwindigkeitsbegrenzungen als Lärmschutzmaßnahmen gibt. Das kann eigentlich nur an der Zahl der (potentiellen) Wähler der Regierungspartei(en) liegen – andere Gründe fallen mir nicht ein.
Nicht nur der Lärm, sondern auch der Verbrauch an Kraftstoff und damit der CO2-Emission steigt extrem stark mit der Geschwindigkeit an. So führte die Ölkrise von 1973 zu einem Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen. Nach einem halben Jahr war alles wieder vergessen, das Öl floss ja wieder. Inzwischen sind sich fast alle Politiker zum Tempolimit einig – nur keiner setzt es um. Alle anderen Länder haben schon seit Jahrzehnten ein Tempolimit, und wir Deutschen diskutieren und diskutieren und blasen dabei unnötig jedes Jahr 1,5 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Kontraproduktive Steuersenkungen auf fossile Kraftstoffe scheinen da beliebter zu sein: Die Folgen des Klimawandels und der Krieg um Öl und Gas sind offenbar immer noch zu wenig schmerzhaft.
Höchste Zeit, um wieder innovativer zu werden!
Also meine ADAC/EnBW-App weist jetzt 19.06.22, 22:00 36 Ladestellen im Erdinger Stadtgebiet mit mindestens 11 kW aus. Von denen sind jetzt 33 frei. Ich habe nach 7 Jahren und 190.000 km noch nie ein Problem gehabt, das anders war, als ggf. Wenige Minuten weiter zu gehen. Ich halte die geschilderte Beobachtung für schlichtweg unwahr.
Die 36 Ladestellen sind im Großraum Erding. Das hilft mir nichts, wenn es an meinem Ziel (Stadthalle) in einer Entfernung von weniger als 30 Minuten Gehzeit nur drei Ladesäulen gibt. Ich wollte ja die Zeit auf der Konferenz zum Laden nutzen. Das wäre vergleichbar mit einem Besucher der Lindauer Inselhalle, der sein E-Fahrzeug neben McDonalds an der Autobahn zum Laden stehen lassen müsste. Zum Glück gibt es in unserem Parkhaus auf der Insel eine ganze Reihe von Ladesäulen. Im Sinne meines Blog, bei dem es um Innovation ging, müssten wir ein paar Jahre vorausschauen: 2030 sollten etwa 30% aller Fahrzeuge elektrisch sein (heute sind es 1,5%). Konsequenterweise müssten dann ein Drittel aller Parkplätze mit Stecker ausgerüstet sein. Zum Thema wahr oder nicht: fahr doch mal nach Erding und versuche im Zentrum Dein Auto zu Laden – energiesparender ist das Zoomen auf der Karte mit den Ladestationen.