Seit über 100 Jahren gleiten inmitten der Schweizer Alpen die majestätischen Dampfschiffe der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) und befördern Touristen aus aller Welt. In naher Zukunft wird eines dieser historischen Schiffe, die Gallia, nicht mehr mit herkömmlichem, fossilem Treibstoff angetrieben werden, sondern mit klimafreundlichen Solartreibstoff, der von der Schweizer Firma Synhelion hergestellt wird.
Die SGV hat sich zum Ziel gesetzt, den CO₂-Ausstoß ihrer Flotte zu reduzieren und damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Tourismus zu leisten. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist der Abnahmevertrag mit Synhelion über die Lieferung von jährlich knapp 100 Tonnen Solartreibstoff für die Gallia über einen Zeitraum von fünf Jahren. Besonders bemerkenswert ist, dass die bestehende Antriebstechnik des Dampfschiffs nicht umgebaut werden muss – der Solartreibstoff kann direkt verwendet werden, ohne die historische Technik zu verändern.
Synhelion ist ein Spin-off der ETH Zürich und ein Pionier auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Das 2016 gegründete Unternehmen hat sich auf die Herstellung von synthetischen Treibstoffen mithilfe von Sonnenergie spezialisiert. Die von Synhelion entwickelte Technologie nutzt die gebündelte Sonnenstrahlung, um bei Temperaturen von bis zu 1.500 Grad Celsius Synthesegas herzustellen. Dieses Gas wird aus Wasser und CO₂ in einem einzigen Prozessschritt gewonnen und kann anschließend in Treibstoff wie Diesel, Benzin oder Kerosin umgewandelt werden.
Ein wichtiger Aspekt dieser Technologie ist, dass sie den CO₂-Kreislauf schließt: Das bei der Verbrennung freigesetzte CO₂ entspricht genau der Menge, die zuvor in die Produktion eingeflossen ist, was den Treibstoff klimaneutral macht.
Während der Bedarf an erneuerbaren Energien stetig steigt, stoßen traditionelle Biokraftstoffe wie solche aus Abfällen an ihre Grenzen. Die wachsende Nachfrage in der Luftfahrt, im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt kann langfristig nicht allein durch konventionelle erneuerbare Kraftstoffe gedeckt werden. Die Produktion von synthetischen Kraftstoffen mit erneuerbarer Energie ist daher essenziell.
Die Produktionsanlage in Spanien, die 2027 in Betrieb gehen soll, wird jährlich rund 1.000 Tonnen des synthetischen Treibstoffs herstellen.
Zuvor hat Synhelion die Technologie in einer Pilotanlage im deutschen Jülich erfolgreich getestet. Mit Hunderten von Spiegeln und Temperaturen von bis zu 1.500 Grad fängt Synhelion die Sonnenenergie ein, um sie in Treibstoff zu verwandeln. Dies ähnelt einem Solarthermiekraftwerk, wie man es etwa in der Mojave-Wüste findet, doch hier wird die Sonnenstrahlung nicht zur Stromerzeugung genutzt, sondern zur Herstellung flüssiger Treibstoffe. Diese können direkt in herkömmlichen Motoren verwendet werden, wie zum Beispiel in der Gallia.
Die Entscheidung der SGV, ihre traditionsreichen Dampfschiffe mit Solartreibstoff zu betreiben, ist ein Beispiel für die Verbindung von Tradition und Innovation. Während die Schiffe weiterhin ein Symbol für die reiche Geschichte und Kultur der Region bleiben, zeigen sie gleichzeitig, dass auch jahrhundertealte Technologien in eine klimaneutrale Zukunft geführt werden können.
Quellen:
Titelbild: Gallia; Quelle: Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) AG