Blackout – sind wir gut vorbereitet?

Unsere Energieversorgung ist derzeit sehr angespannt. Hohe Preise kann man noch mit viel, eigentlich nicht vorhandenem, Geld aus der Staatskasse abmildern. Wenn der Strom aber auf einmal weg ist, dann hilft auch kein Geld mehr. Sind wir darauf vorbereitet?

Vor genau einem Jahr hatten wir in einem Blog mit dem Titel „Blackout“ über eine Fernsehreportage zum Katastrophenschutz berichtet. Damals gab es noch keinen Krieg in der Ukraine und auch noch keine so drastische Dürreperiode in Deutschland. Ein Jahr später hat sich das Thema „Sichere Energieversorgung“ dramatisch verschärft.

Die aktuelle Debatte geht dabei aber „nur“ über eine bezahlbare oder am liebsten kostengünstige Energieversorgung. Primär verursachen die hohen Preise die vielen Schlagzeilen und die Politik versucht derweil alle Probleme mit möglichst viel Geld zuzuschütten. Auf keinen Fall darf die Wählergunst riskiert werden – irgendwo steht doch immer die nächste Wahl vor der Tür.

Wie steht es denn eigentlich um unsere Energieversorgung? Wie groß ist die Gefahr eines Blackouts, also einer längeren Unterbrechung unserer Stromversorgung?

Grundsätzlich ist unser Stromnetz sehr stabil, und bislang konnten die Profis in den Leitstellen alle Probleme meisterhaft regeln. Die Lage verschärft sich aber zunehmend: Gaskraftwerke, die wir eigentlich zur Unterstützung der Energiewende ausbauen wollten, da sie für eine flexible, bedarfsgerechte Stromerzeugung gut geeignet sind, leiden jetzt massiv unter dem Streit ums Gas mit Russland.

Also werden stattdessen wieder Kohlekraftwerke verstärkt in die Pflicht genommen. Nur die Steinkohle muss ja erst einmal von der anderen Seite unserer Erde per Schiff nach Deutschland angeliefert werden. Kohlekraftwerke liegen wegen der notwendigen Kühlung immer an Flüssen und werden meist über Binnenschiffe mit Kohle versorgt. Wegen des extrem niedrigen Wasserstands in unseren Flüssen können diese jedoch kaum Kohle dorthin transportieren, wo sie jetzt gebraucht wird.

Interessant: Der Klimawandel verhindert damit gerade den Weiterbetrieb der Kohlekraftwerke!

Dann steigen wir doch einfach um auf die nächstbeste Lösung – die Bahn. Dort werden die Wagons aber gerade für den Getreideexport aus der Ukraine gebraucht. Zudem ist unser Schienennetz schon weit über seine Belastungsgrenze hinweg beansprucht.

Weil uns sonst überhaupt nichts mehr einfällt, diskutieren gerade alle über die drei Atomkraftwerke, die gerade noch 6% unseres Strom liefern. Aber auch diese brauchen für die Kühlung Wasser aus dem Fluss, das auch dafür immer knapper wird. Schon wieder nichts! In den Medien ist viel über Politiker zu lesen, aber wenig über harte Fakten: die Hälfte der französischen Atomkraftwerke befinden sich gerade langfristig in Reparatur, die französischen Flüsse werden über die Grenzwerte hinweg aufgeheizt, und die Briten schalten in den nächsten Jahren 12 ihrer Kernkraftwerke ab.

Oh ja, fast vergessen: Dann müssen jetzt doch die erneuerbaren Energien herhalten… Der Ausbau der Photovoltaik ist endlich wieder in Schwung gekommen. Nur die Versäumnisse der letzten 15 Jahre kann man gar nicht mehr so schnell aufholen. Der Süden Deutschlands, der in diesen sonnigen Tagen sehr gut mit Sonnenstrom versorgt ist, bezieht nachts seinen Strom aber fast ausschließlich aus Kohle- und Erdgas-Kraftwerken, bei denen leider 60 Prozent der primären Energie ungenutzt als Wärme im Kühlwasser enden. Der Ausbau der Windkraft stagniert noch immer und leidet weiterhin an den gestrigen Genehmigungsprozessen. Zuverlässig sind Wind und Sonne zudem auch nicht, insbesondere zu Zeiten, in denen gerade mal kurzfristig sehr viel mehr Strom gebraucht wird.

Was also tun?

Neben einem extrem beschleunigten Ausbau von Wind- und Sonnenstrom ist es dringend erforderlich, Energie einzusparen und zwar in der Industrie und im privaten Umfeld. Auch dies wird intensiv in den Medien diskutiert. Aber was passiert wirklich? Im ersten Halbjahr 2022: Überhaupt nichts, wie wir vor kurzem analysiert hatten!

Die Urlaubszeit bietet uns allen die Chance entspannt darüber nachzudenken, wo wir im privaten und im beruflichem Umfeld Energie sparen können. Da gibt es eigentlich sehr viele Möglichkeiten…

Übrigens: auch unsere Batterie-Elektro-Fahrzeuge brauchen den Strom, der gerade sehr knapp wird und der nachts primär aus fossilen Kraftwerken kommt. Wasserstoff hätte man zu Zeiten des Überschusses produzieren und zwischenspeichern können – aber nein, das ist ja verpönt – wegen einer nicht zu Ende gedachten und auch nicht enden wollenden Diskussion über Wirkungsgrade.

Was würde denn ein längerer Stromausfall für uns bedeuten?

Wer es noch nicht getan hat, der sollte schnell den exzellenten und sehr realitätsnahen Roman Blackout von Marc Elsberg lesen. Ganz hilfreich ist es einmal darüber nachzudenken, was passiert, wenn kein Strom mehr verfügbar ist: kein Licht, kein Kochen, kein Kühlschrank, keine Heizung, keine Wasserversorgung, kein Internet, kein Mobilfunk, kein Benzin tanken, kein …

… und nehmt Euch jetzt bitte viel Zeit zum Nachdenken, bevor es zu spät ist und dann alle wieder einmal lautstark lamentieren: hätten wir doch besser früher angefangen …

Übrigens: die derzeit so beliebten Heizlüfter werden die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts im kommenden Winter noch massiv erhöhen!

 

 

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3 Kommentare zu „Blackout – sind wir gut vorbereitet?“

  1. Im Artikel von Professor Werner Tillmetz sind mir folgende Erneuerbare Energieträgerinnen n i c h t aufgefallen: Biogas, Erdwärme und Wasserkraft.

    So arbeiteten um 1900 in Deutschland rund 80.000 (in Worten: achtzigtausend) Wassertriebwerke – meist amtlich genau vermerkt. 2022 sind es noch etwa 8..000. Also ein Zehntel.
    Die Staustufen („Wehre)“) der alten 80.000 sind zu einem beachtlichen Teil noch vorhanden. Rein technisch betrachtet lassen sich (kleine Wasserkraftanlagen in wenigen Monaten errichten. In Deutschland bremst die (Atom- und Kohle-Konzern-nahe) Bürokratie das aus.
    Doch selbst, wer keine n e u e n Wasserkraftwerke (oft an alten Staustellen (wieder) aufbauen möchte, kann sich freuen, dass sich durch Optimierung und Sanierung bereits bestehender Wassertriebwerke deren Stromertrag oft verdoppeln lässt. Dies erklärt ein Jahrzehnte erfahrener Fachmann im YouTube-Film „Rot an der Rot regenerativ“:

    https://www.youtube.com/watch?v=_T0M6nd6cx4
    Zähler 11:20 / 25:41
    .
    Doch in Deutschland wird Wasserkraft bürokratisch blockiert. Mancher Antragsteller wartete über 30 Jahre auf amtliche Genehmigungen zum Bau eines neuen Wasserkraftwerks an einem alten Stauwehr.
    (Genaueres dazu in
    http://www.direktverlag.de/rios/julian.htm
    http://www.rio-s.de
    Pressearbeit
    Artikelwiedergabe „Strom für 60.000 Leute“).

    Im angeblich „grün“ regierten Baden-Württemberg wurde 2021 (mindestens) ein Wasserkraftwerk zerstört – für 2022/2023 ist der Abbruch einer weiteren Wasserkraftanlage geplant: im Neckar in Rottweil:

    https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/rottweil-schliesst-wasserkraftwerk-100.html

    Diese Liste des Zerstörungswahns gegen Erneuerbare Energien in Deutschland ließe sich noch fortsetzen.

    Auch Biogasanlagen könnten in Deutschland erheblich mehr elektrische Kilowattstunden erzeugen. Nicht wenige sogar ohne zusätzliche „Substrate“ (wie Gülle, Mais, Blühpflanzen …). Wer konkret und vor Ort mit Biogasbäuerinnen – oder -Bauern spricht, erfährt dort immer wieder: Es bremst die Bürokratie massiv. Ein politisch verordneter „Deckel“ blockiert Biogas. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kündigte diesen Sommer an, besagen „Deckel“ ab zu schaffen.. Schon geschehen?

    Oder:
    Wie kommt es, dass im Sommer 2022 einem Rentner in Deutschland von Kaminfeger-Seite verboten wird, an seinen alten Kamin jetzt einen neuen Holzherd/Holzofen an zu schließen, um Gasverbrauch im Haus zu senken?

    „Energie sparen“ – also mit Energie sinnvoll um zu gehen – ist fraglos richtig. Allerdings mit Sinn und Verstand. Stimmen veröffentlichte Berichte darüber, dass im Bundestags-Gebäude Berlin im Sommer 2022 Kühlgeräte laufen, obwohl viele gar nicht a seien („Parlamentsferien“)?
    Es gab nach der Bundestagswahl 2017 mal eine Zeit ohne aktuell gewählte Bundesregierung. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir jemand damals gesagt hätte, er leide unter diesem Zustand. Warum also nicht wirklich einen Bundestags- und Bundesregierungs-„Notbetrieb“ über den Winter 2022/2023 führen, während dem viele der Polit-Darsteller via „Homeoffice“ ihr Amt ausüben. Ähnliches in vielen deutschen Amtsstuben?

    Erstaunlich: Herr Tillmetz erwähnt – zurecht – den (tatsächlich spannenden) Roman „Blackout“ von 2012, aber nicht die Veröffentlichung „Was bei einem Blackout geschieht“ – herausgebracht vom „Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag“ 2011. Also ein Jahr vor dem Thriller. Darin rieten die Fachleute schon 2011 zu „Eigenstrominsellösungen“ (…) „auf Basis erneuerbarer Energien“. Also auch mit Biogas und Wasserkraft – konkret und vor Ort.

    U n d dann auch massiv mit Sonnenstrom machbar.. Wer weiß, ob ausgerechnet Hunderttausende von „Balkonmodulen“, die ab jetzt die kommenden Monate Zehn- (oder gar: Hundert-)Tausende deutscher Häuser verschönern könnten, es gar nicht erst zum „Blackout“ kommen lassen? Zusammen von vielen bestellt, wären solche Solarplatten vielleicht sogar billiger? Jetzt machbar als Massenbewegung mit Hunderttausenden, die mitmachen? Auf e i n Vorbild könnten die aktiv Beteiligten dabei zurückblicken: die etwa zwei Millionen Haushalte und Betriebe zwischen Kiel und Konstanz, die heute bereits Solarmodule auf ihren Dächern haben. „Es gibt viel zu tun..“ Und dieser Werbespruch der Ölkonzerne aus den 1970er Jahre führte nicht weiter mit dem Satz: „Schauen wir’s an“,, sondern: „Packen wir’s an.“

    Julian Aicher
    http://www.rio-s.de

  2. Und – sind die SWLi – Kunden instruiert – darüber wie man sich im Falle eines Blackouts in der Wohnung, im Haus, am Arbeitsplatz verhalten soll, um ein „hochfahren“ der Stromversorgung (von den VKW – Illwerken) wieder hinzubringen? Nicht dass alle auf ein mal wieder „volle Leistung“ haben wollen… Dann wird das nix mit dem stadtteilbezogenen Spannungsaufbau…

    Beste Grüße
    Jogi Seitz
    Stockartsbühl

    1. die Lindauer beziehen zum Glück ihren Strom aus Vorarlberg. Solange die Stauseen noch genügend Wasser haben, ist ein Blackout sehr unwahrscheinlich. Das größere Problem bei einem Blackout in den benachbarten Netzen ist, dass dann alle aus dem Umland nach Lindau kommen werden.

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