In Vorwahl-Zeiten laufen viele Politiker oft zur Höchstform auf, wenn es darum geht, mißliebige Zahlen – beispielsweise zur Höhe der CO2-Emissionen – in Erfolge umzumünzen. Dass diese Disziplin in Bayern besonders virtuos gehandhabt wird, ist bekannt.
Denn das Ziel, das man sich dort gesetzt hat, ist ebenso anspruchsvoll wie selbstbewußt: Schon 2040 will man nämlich klimaneutral sein. Gleichzeitig sollen aber die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 schon bis 2030 um 65 (!) Prozent sinken.
Rein rechnerisch bedeutet dies zweierlei:
Statt ehemals 9,9 Tonnen pro Kopf stehen jedem von uns in Bayern in 7 Jahren dann nur noch 3,5 Tonnen zu, die wir in Richtung Atmosphäre schicken dürfen. Würden sich die Politiker die offiziellen Zahlen des Bundesumweltministeriums, die auch den Konsum enthalten, anschauen, dann würden sie feststellen, dass wir im letzten Jahr bei 10,8 Tonnen pro Kopf und Jahr lagen:
Um diesen CO2-Fußabdruck auf ein Drittel zu reduzieren, bedarf es sehr konkreter und dramatischer Maßnahmen – darüber schweigen sich aber unsere Politiker aus, da sie mit Sicherheit überhaupt nicht wissen, wie das funktionieren soll.
Einen sprachlichen Spagat erfordert auch die ehrliche Beschreibung des aktuellen Standes in Sachen Windkraft – schon immer ein ungeliebtes Kind im Freistaat. Kluge, aber unzufriedene Unternehmer aus Bayern (!) haben gegenüber der Staatsregierung vorgerechnet, dass seit 2019 wöchentlich zwei neue Windräder aufgebaut werden müssten, um 2040 klimaneutral zu sein. Für das laufende Jahr 2023 – wir befinden uns in Woche 29 – ergäbe das rein rechnerisch 58 Windräder, die seit Jahresbeginn in Bayern genehmigt oder gebaut worden wären. Nun sind es aber tatsächlich nur 5 neue Windräder, die im Freistaat ans Netz gegangen sind. Darüber, dass gleichzeitig auch noch ein älteres Modell abgebaut werden musste, schweigt man lieber, weil sonst der bisherige Bestand um lediglich 4 neue Anlagen erweitert wurde. Da verzichtet man dann doch lieber auf die üblichen Vergleiche mit anderen Bundesländern, weil Bayern doch sonst so gerne ganz vorne steht. In diesem Fall, wo man sich in Sachen Windkraft auf dem vorletzten Platz befindet, natürlich besonders schwierig: NRW nahm im gleichen Zeitraum 124 Anlagen in Angriff, Schleswig-Holstein 87, Niedersachsen 61. Doch nach wie vor wird stolz verkündet: „Der Freistaat bringt den Klimaschutz mit großer Dynamik voran“ – versichert aber gleichzeitig: „Wir sind gegen eine Klimaschutz mit Brechstange“.
Fazit: einfach mal die Aussagen unserer Politiker überprüfen und nicht alles glauben, was die erzählen
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