Die Zukunft unserer Bodensee-Schifffahrt

Der Bodensee steht als Naturschutzgebiet und Trinkwasserspeicher im Spannungsfeld zwischen Lebensraum und Tourismusressort.

Ein Beitrag von unserem Unterstützer Dipl.-Ing. Walter Schildhauer aus Kressbronn.

Als Anwohner, aktiver Wassersportler, Ingenieur und Werftbetreiber liegt mir der See in seiner Pracht und hervorragenden Wasserqualität sehr am Herzen.

In Anbetracht der klimatischen Veränderungen, welche die Natur stark belasten, aber gleichzeitig die Attraktivität der Region als Erholung- und Freizeitdomizil steigern, ist es angebracht, die Natur durch unser aller Verhalten nicht zusätzlich zu belasten.

Als Wassersportler kann ich durch die Auswahl der Sportart als auch geeigneter Boote und Antriebe einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.

Als Werft und somit Arbeitgeber bin ich gefordert, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um den Betrieb und die Arbeitsplätze auch langfristig zu sichern. Dies gelingt nur, wenn wir auch den See langfristig für den Wassersport nutzen können.

Was sind die aktuellen Trends im Wassersport am Bodensee?

1. Ein SUP (Stand Up Paddeling Board) ist bei den meisten auf dem Weg zum See im Handgepäck.

2. Die „schwimmende Ferienwohnung“ in der Form eines geräumigen, schnellen und somit sehr schweren, starken Motorbootes steht bei den Booten an erster Stelle.

Schnelle Motoryachten verursachen mit ihrem hohem Spritverbrauch sehr große Wellen       Bild:unsplash.com

3. Ein ebenfalls geräumiges Segelboot ist die kostengünstigere Alternative.

4. Ein „Wave-Boat“, welches hohe Wellen zum Wellenreiten erzeugt, halten eher die Jüngeren für das Maß aller Dinge.

Schade, dass das Fahren mit dem SUP, dem Paddelboot oder das Segeln zumindest in den Rush Hours durch den ständigen hohen Wellenschlag der Motorboote auf ihrem Weg zum Badeplatz bzw. zurück in den Hafen für alle anderen nur ein sehr begrenztes Vergnügen ist.

Die wesentliche Nutzung der großen Wassersportfahrzeuge am Bodensee konzentriert sich auf das Wohnen und Baden.

Der Wellenschlag ärgert uns unmittelbar – die Emissionen wirken sich schleichend, aber verheerend für unser Nachkommen aus.

Was die Natur stark schädigt

• Die Abgase der Motorboote werden mit dem Kühlwasser zusammen ausgeschieden und belasten so Luft und Wasser.

• Ein Motorboot benötigt bei „schneller Fahrt“ (am Bodensee liegt die Geschwindigkeitsbegrenzung bei 40 km/h) eine Leistung von ca. 70 kW pro Tonne. Eine Gleityacht mit 6 Tonnen verbraucht bei 40 km/h über 100 Liter pro Stunde. Zum Vergleich: Ein 40 Tonnen LKW verbraucht bei 80 km/h nur ca. 32 Liter pro Stunde!

• Die meisten bewuchshemmenden Unterwasseranstriche sind sich abtragende chemische Substanzen, die über die ganze Saison hinweg Micropartikel in den See eintragen.

• Die meisten Boote werden aus GFK Sandwich (Glasfaser verstärkter Kunststoff mit Schaumkern) hergestellt und sind weder in ihrer Herstellung noch in ihrer Entsorgung in irgendeiner Form nachhaltig.

Fakten

➢ Mit mehr als 40 Tausend zugelassenen Sportbooten am Bodensee sind die Liegeplatzkapazitäten erschöpft.

➢ Der Weg zur klimaneutralen Mobilität – also auch beim Wassersport – ist unumgänglich.

➢ Große, geräumige Boote, die sehr schnell fahren (Gleiter), sind nach dem heutigen Stand der Technik nicht oder nur sehr aufwändig emissionsfrei zu betreiben.

➢ Die Ladeinfrastruktur für E-Boote wird auch bei zügigem Ausbau den steigenden Bedarf nicht decken.

➢ Die privat genutzten Boote liegen über 90 Prozent der Tage in der Saison ungenutzt an ihrem Liegeplatz.

Was bedeutet dies nun für die Zukunft des Wassersports am Bodensee?

A) SLOW DOWN – macht bitte langsamer!

Nur mit einer deutlichen Reduzierung der benötigten Antriebsleistungen durch den Einsatz von:

o Verdrängerbooten (z.B. langsam fahrende „Flussboote“) anstatt Gleiter.

Entwurf einer emissionsfreien Verdrängeryacht der Firma Alva Yachts

o Katamaranen mit zwei schmalen strömungsgünstigen Rümpfen.

o Segelyachten.

o Kombination mit Hydrofoils (Tragflügelboote), wenn’s doch mal schneller sein muss…

und der damit verbundenen Option von Elektro- und seriellen Hybridantrieben ist eine signifikante Reduktion der CO2 Emissionen möglich.

B) Retrofit anstatt Ausmusterung!

Renovierungen und Modernisierungen sorgen für eine lange Lebensdauer der Struktur und sind speziell bei Booten und Yachten aus Verbundwerkstoffen erstrebenswert. Inwieweit allerdings sehr schwere „Gleiter“ auf emissionsfreie oder deutlich sparsamere Antriebe umgerüstet werden können, ist noch fraglich.

C) Teilen statt besitzen!

Das wirklich rare Gut am Bodensee sind die Liegeplätze!

Speziell für im kommunalen oder gemeinnützigen Besitz befindliche Liegeplätze sollten für emissionsfreie Boote reserviert werden und die Nutzung mehr und mehr auch einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht werden. Dies gelingt, indem der Liegeplatz und somit auch das dort stationierte Boot vielen potenziellen Nutzern durch geeignete Verleihkonzepte – und das mit einer wachsenden Anzahl emissionsfreier Boote! – zur Verfügung gestellt wird.

Walter Schildhauer (lks.) und Georg Binder freuen sich über das neue Solarmietboot von SPEEDWAVE Bild:h2connect.eco

Schlusswort

Ich baue auf den gesunden Menschenverstand aller Beteiligten (Wassersportler und deren Verbände und Vereine, Hafenbetreiber, Hersteller, Händler, Fachwerkstätten, Vermieter und der öffentlichen Hand), um einen praktikablen Weg hin zu einem nachhaltigen und somit emissionsfreien, attraktiven und vielfältigen Angebot für den Wassersport am Bodensee zu finden.

Ich bin mir sicher, dass kurzfristige Einschränkungen (z.B. Verzicht auf Wasserski und auf Wave Boote zur Erzeugung hoher Wellen) durch alternative, nachhaltige Angebote (z.B. Wasserskilifte, stehende Wellen) kompensiert werden und die Attraktivität der Region sogar noch weiter steigern können.

Mit der richtigen Mischung aus Nachfrage, Vorgaben und der regionalen Innovationskraft steht einer nachhaltigen Zukunft des Wassersportes nichts mehr im Weg.

Titelbild: Uta Weik

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