Hat Marx am Ende doch recht?

Allenthalben ist zu lesen,  dass es mit dem „Wirtschaftswachstum“ derzeit ziemlich hapert und viele mit Sorge auf den gerade in Deutschland so verehrten, aber schmelzenden  heiligen Gral „BIP“ blicken. Dabei gehören doch beide – Wachstum und Bruttoinlandsprodukt – längst zu den Begriffen, bei denen es – zumindest bei uns im kuscheligen Westen – bisher immer gut und aufwärts ging.

Gleichzeitig haben wir die eigentlich zutiefst alarmierende Nachricht, die uns neben vielen anderen Katastrophen in diesem Jahr erreicht haben, offenbar verdrängt oder überhaupt vergessen: Wenn wir mit unserer Lebensweise – also auch dem Verbrauch von Ressourcen –  in Deutschland so weitermachen wie bisher, bräuchten wir rein rechnerisch 2,9 solcher Erden, auf der wir es uns ziemlich verschwenderisch gut gehen lassen.

Zum Glück – und für uns zur scheinbaren Beruhigung – kann unsere Erde nicht in Streik treten, wenn sie sich überfordert fühlt. Könnte sie es, dann wäre dieses Jahr der 2.August der erste Streik-Tag gewesen: Denn von da ab wäre es Schluß gewesen mit Ernten, Wasser oder was wir sonst so zum Leben – zumindest zum Überleben – brauchen. Vorsichtshalber hat man diesem „Gedenktag“ auch schon den treffenden Namen gegeben: Earth Overshoot Day. Für Deutschland fällt der übrigens bereits auf den 4.Mai!!!

In dieser Situation hat jetzt der japanische Philosoph Kohei Saito ein Buch veröffentlicht, das es bei uns immerhin  in die Bestseller-Liste schaffte, in Japan sogar über eine halbe Million Mal verkauft wurde. Es nennt sich „Systemsturz“ und trägt den Untertitel „Der Sieg der Natur über den Kapitalismus.“

Saitos Erkenntnis ist ganz einfach und es gelingt ihm ziemlich einleuchtend, die Wurzel allen (Klima-)Übels  – das größer und größer wird – dem Hauptverursacher zuzuschreiben, nämlich dem Kapitalismus. Für ihn sind „Wirtschaftswachstum“, das letztlich zur Voraussetzung des Kapitalismus  gehört, und die Annahme, das damit gleichzeitig auch der Klimawandel in den Griff zu bekommen sei, vollkommen unvereinbar.

Deshalb geißelt er auch die weltweiten Militärausgaben und Subventionen für die Ölindustrie und ist überzeugt, dass eine nur halbwegs gerechtere Umverteilung des weltweiten Einkommens – siehe Marx – auch die Armut beseitigen könnte. Insofern sind auch solche Sätze in diesem leicht und fast unterhaltsam geschriebenen Buch keine Überraschung:

„Nicht Bildung, soziale Sicherheit oder Kunst gehören reduziert, sondern SUVs, Rindfleischkonsum oder Fast Fashion“. 

Es ist spannend, wie Kohei Saito die zufällige Entdeckung  von Notizen des späten Marx schildert – und zu welch neuen Schlussfolgerungen sie ihn danach gebracht haben. Dass diese überaus lesens- und oft auch beherzigenswert sind, wird vermutlich auch diejenigen in den Bann ziehen, die normalerweise mit der Gedankenwelt von Karl Marx nicht (mehr?) allzu viel anfangen können. 

 

Foto von Lian Begett auf Unsplash

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