Langwieriger und teurer Ausbau von Stromtrassen – alternativlos?

Vor Jahren war die Energiewelt noch in Ordnung. Jedenfalls im Vergleich zu heute. Der Strom kam aus der Steckdose und das benötigte Gas überwiegend aus Russland. Den Stromtransport von Nord nach Süd erledigten zigtausende Kilometer Stromleitungen, deren Masten seitdem Landschaften, Städte und Dörfer verbinden, oftmals auch unschön prägen. Da ihre Präsenz jedoch praktisch als „alternativlos“ wahrgenommen und deshalb auch meist akzeptiert wird, hatten wir Stromnutzer im Gegenzug stets Versorgungssicherheit und die vier deutschen Übertragungs-Netzbetreiber (50Hertz, Transnet BW, TenneT und Amprion) ihre satten Gewinne. 

Letzterer – also Amprion – will nun endlich die geplante, 88 Kilometer lange Stromtrasse zwischen Ulm und Wangen ausbauen. 269 solcher Stromtrassen „pflastern“ bereits ihren Weg, 48 neue kommen bald hinzu oder sollen aufgrund veränderter Vorgaben versetzt werden. Wenn dann voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres mit dem Bau begonnen wird, können die veranschlagten 76 Millionen Euro entsprechend ausgegeben werden.

Jetzt aber schreiben wir das Jahr 2023. Bedeutet: In 7 Jahren sollte der Strom zu 80 Prozent „grün“ sein – also aus Sonne und Wind stammen. Eine große Herausforderung für alle, die für seine Verteilung zuständig sind, zumal der Bedarf – siehe z.B. E-Fahrzeuge, Heizanlagen, Industrie – nochmals deutlich zunehmen wird.

Da stellt sich im Grunde eine ganz andere Frage: Was eigentlich wollen die Netzbetreiber in all den Zeiten transportieren, wenn Wind und Sonne gerade „Pause machen“?

Und andersherum:  Wenn Strom aus Wind und Sonne üppig vorhanden ist und gar nicht in der produzierten Menge benötigt wird – was geschieht mit dem Überschuss, den mit großer Sicherheit niemand brauchen wird, da in großen Teilen Europas gleichzeitig zu viel Sonne und/oder Wind verfügbar ist? Bezahlen wir – die Stromkunden – weiterhin trotzdem dafür? Heute sind es bereits jährlich zwei Milliarden Euro – Tendenz schnell steigend

Angesichts all dieser Faktoren sollten sich zuallererst Kommunen und regionalen Energieversorger diese Frage stellen: 

Könnte der immense finanzielle Aufwand – in diesem Fall von 76 Millionen – für die immer umstrittener werdenden Stromtrassen nicht Anlass genug sein, noch intensiver über regionale Erzeugung von Strom, seine Speicherung und Nutzung nachzudenken? 

 

Oder, wie es der Bürgermeister der Gemeinde Fuchstal, die sich schon seit Jahren selbst mit Strom versorgt, betonte: „Das Geld bleibt im Dorf“

Foto von Salam Habash auf Unsplash

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1 Kommentar zu „Langwieriger und teurer Ausbau von Stromtrassen – alternativlos?“

  1. Hallo Herr Hamann, lieber Winfried,

    die Beschreibung der o.g. IST-Situation zeigt doch ganz deutlich, dass wesentliche Entscheidungsträger*innen in der gesetzgebenden Ebene nicht verstanden haben, wie sich Strom-Leistungen (kW – oder MW) und Strom-Mengen (kWh – oder MWh) in den Tages-, Wochen-, Monats-, und Jahresdynamiken – sprich in Bedarf und Verbrauch – tatsächlich darstellen!
    Im europäischen Verbundnetz lassen sich auch künftig die Last- und Bedarfsschwankungen ausgleichen – aber zunehmend komplexer, je mehr Wind- und Sonnenstrom im Netz sein soll / will / wird…
    Kann es sein, dass dennoch die Notwendigkeit von Stromspeicher-Technologien willentlich ignoriert werden, regenerativ erzeugter Strom abgeregelt werden soll, um Leitungstrassen nicht zu überlasten, oder neue zu fordern, u.s.w. – oder ist es einfach das Unverständnis über die Zusammenhänge von dynamischen Prozessen?
    Dann hoffe ich doch, dass h2connect am 21.07. den Nachmittag zum Thema Energie und Mobilität auch dafür nutzen wird, die Personengruppe der Bedenkenträger*innen aufzuklären in Sachen „Strom-Speichertechnologien“. Am Beispiel „Benzintank und Automobil“ und dem Motor-Leistungsverlauf im Stadt- oder Überlandverkehr sollte das doch anschaulich und übertragbar auf die Stromnetzebenen auch für Nicht-Techniker*innen gelingen.

    Beste Grüße und bis dahin.

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