Sonne und Wind senden keine Rechnung – trotzdem steigt unser Strompreis: warum?

Warum sind unsere Strompreise so hoch, obwohl es immer mehr kostengünstigen Strom aus Wind und Sonne gibt?

Bevor wir das Thema konkret beleuchten, machen wir einen kurzen Ausflug in das Thema Preisbildung. Das hängt irgendwie mit Angebot und Nachfrage zusammen – so steht das in den Lehrbüchern. Ein kleines Beispiel aus der Region soll das veranschaulichen: Ist die Apfelernte in der ganzen Region (und auch noch in Südtirol) üppig, dann sind die Preise niedrig. Das Angebot ist größer als die Nachfrage. Ist dann auch noch die Qualität schlecht (kleine Äpfel mit Hagelschäden), dann rauschen die Preise in den Keller. Ist die Ernte aber schlecht (Frost während der Blüte) und nur wenige Landwirte können gute Qualität liefern, dann sind die Preise hoch. Soweit das Prinzip. Die Realität ist heute allerdings sehr viel komplexer. Ein Großteil des Obstes wird über den Großhandel, der dann die Supermärkte beliefert, organisiert. Dieser ist zwar auch von den Ernteerfolgen abhängig, kann die Äpfel allerdings global beschaffen und mit seiner Marktmacht auch die Preise bestimmen.  Soweit und stark vereinfacht die Vor- und Nachteile eines globalen Handelssystems.

Zurück zum Strom.

Dieser wird in einem ganz Strauß von Kraftwerken produziert: Kohle, Gas, Atom, Wasser, Sonne, Wind, Biogas usw. Jede dieser Technologien hat ganz eigene Charakteristika und vor allem Kostenstrukturen. Dazu gehören vor allem die Brennstoffkosten, die jährlichen Betriebszeiten und die Regelbarkeit der Kraftwerke – der Verbrauch schwankt ja stark. Mit dem beginnenden Boom der Photovoltaik vor etwa 15 Jahren und der Subvention der Technologie durch das Erneuerbare Energien-Gesetz wurde die Situation besonders komplex. In dieser Zeit entstand das Marktpreis-Model „Merit-Order“, das in Wikipedia gut erklärt wird. Dabei werden die für die Stromversorgung (Last in Gigawatt) notwendigen Kraftwerke in der Reihenfolge der jeweiligen Stromgestehungskosten aufgetragen (Siehe Grafik aus Wikipedia). Das teuerste Kraftwerk bestimmt nach dem Merit-Order-Prinzip dann den Marktpreis des Stromes.

Die Preise für den Strom aus Erneuerbaren Energien (damals noch sehr hoch) werden dabei nicht berücksichtigt. Mit der Einspeisepflicht für grünen Strom wurden die teuersten konventionellen Kraftwerke aus dem Markt gedrängt und die Strompreise damit gesenkt. Aus der Differenz  der damals sehr hohen Einspeisevergütung für den grünen Strom und dem (niedrigen ) Marktpreis für Strom wird die EEG-Umlage berechnet. Diese wurde dann und bis vor kurzem wieder dem Stromkunden berechnet. Profitiert hat  die energieintensive Industrie, die war von der EEG-Umlage befreit war.

Über die Jahre hat sich die Situation dann mehrfach verändert: Vor einigen Jahren steigen die Priese für die CO2-Emissionszertifikate,  und Kohlekraftwerke wurden immer weniger profitabel. Dafür konnte man wieder mit Erdgaskraftwerken besser Geld verdienen – bis die Erdgaspreise durch die Decke gingen. Doch nach dem Merit-Order-Prinzip bestimmen sie den Marktpreis, obwohl sie nur sehr wenig  zur Versorgung beitragen. Dadurch werden Braunkohlekraftwerke trotz hoher CO2-Preise wieder etwas attraktiver. Mit Erneuerbaren Energien und deren attraktiven Preisen kann man also aktuell sehr viel Geld verdienen. Das EEG-Umlagen-Konto ist inzwischen prall gefüllt – jetzt hat der Stromkunde nichts mehr davon.

In einem lesenswerten Beitrag des PV-Magazins werden die dringend notwendigen Änderungen des heutigen Marktpreismodells diskutiert. Autor Schröder fordert dringend das Merit-Order-Modell anzupassen. So würden durch Herausnehmen des Gaspreises aus der Preisbildung schlagartig die Strompreise fallen.

Fragt sich, warum die Politik das nicht schnell aufgreift. Die aktuell so beliebten „Preisbremsen“ führen nur dazu, dass die Profite vieler Konzerne weiter steigen. Die Zeche wird dann von unseren Nachfahren bezahlt.

All diejenigen (auch Firmen), die ihren Strom selbst aus Sonne und Wind produzieren können sich aber freuen, weil sie von den hohen Strompreisen nur wenig betroffen sind.

 

 

 

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2 Kommentare zu „Sonne und Wind senden keine Rechnung – trotzdem steigt unser Strompreis: warum?“

  1. Pingback: Die Gaspreise purzeln! – h2connect.eco

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