Der Begriff „Bio“ ist in unseren Supermärkten inzwischen allgegenwärtig. Die Marketingstrategen der Lebensmittelkonzerne wissen genau warum. Bei Biogas und bei Biokraftstoffen liegt der Ursprung der Bezeichnung in der Verwendung von Biomasse zu deren Herstellung und nicht in der Biodiversität. Ist das allen Zeitgenossen auch wirklich so bewußt?
Zum Thema Biogas hatte ich vor einiger Zeit meine Gedanken in einem Beitrag aufgeschrieben.
Auch zu Biosprit gab es schon eine kritische Analyse in einem unserer Blogs.
Jetzt bringt hoffentlich ein aktueller Bericht im Handelsblatt die öffentliche Diskussion in Gang.
Was ist passiert?
Europa hat in den ersten vier Monaten 674.000 Tonnen Biodiesel aus China mit der entsprechenden Zertifizierung importiert. Die einheimische Branche kommt dadurch massiv ins Hintertreffen. Auch NGOs wie Greenpeace stehen den aktuellen Vorgängen sehr kritisch gegenüber.
Was steckt dahinter?
Die Mineralölwirtschaft muss die gesetzlich definierten Treibhausgas-Minderungsquoten erfüllen. Diese steigen bis 2030 kontinuierlich an. Durch Beimischung von Biokraftstoffen zum Diesel sollen die Vorgaben erfüllt werden. Der Gesetzgeber will, dass dafür primär Biokraftstoffe aus Abfällen (gebrauchtes Frittenfett) eingesetzt wird. Diese Abfall-Biokraftstoffe werden bei der Berechnung der Quote daher doppelt gezählt. Das macht das Geschäft mit altem Frittenöl attraktiv und auch den Export aus China nach Europa lukrativ.
Geht da alles mit rechten Dingen zu? Ist das wirklich nur altes Frittenöl, oder wird da kräftig Palmöl beigemischt, für das Regenwälder geopfert werden?
Diese Diskussion läuft schon seit mehr als 20 Jahren, als zunehmend Palmöl einheimischen Biodiesel (aus Raps) verdrängt hat. Auch der Import von Alkohol aus Brasilien, der dem Benzin beigemischt wird, sorgte für große Aufregung. Der aus Zuckerrohr hergestellt Schnaps sollte unsere Verbrenner umweltfreundlich machen. Allerdings werden für den Anbau von Zuckerrohr Regenwälder abgeholzt und die erhoffte gute Ökobilanz hat sich zum Klimakiller gewandelt.
Zu dieser Zeit hatte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages der Politik empfohlen, keinerlei flüssige Biokraftstoffe mehr vorzusehen, da die Beimischung von Ölen und Alkoholen aus umweltzerstörenden Plantagen nicht kontrollierbar ist.
Heute ist HVO (Hydrogenated Vegetable Oil) der große Renner geworden. HVO ist Biodiesel, der mit Wasserstoff gereinigt wird und dadurch problemlos als Dieselersatz genutzt werden kann. Viele Hersteller haben ihre Motoren dafür freigegeben.
Ist HVO klimafreundlich?
Nein, das ist nur eine neues Etikett für ein schon lange genutztes Produkt und eine Marketing-Kampagne!
Warum?
Gebrauchtes Frittenfett gibt es schon seit Jahrzehnten und ein exponentieller Anstieg beim Verzehr von Pommes und anderer frittierten Lebensmittel ist auch nicht bekannt. Bisher wurde das alte Frittenfett in den Raffinerien aufbereitet und als Kraftstoff genutzt. Die klimafreundliche Doppelnutzung des Öls (zuerst für die Pommes und dann für die Motoren) gibt es schon lange. Unter dem Strich ändert sich mit dem HVO nichts an der Klimabilanz – es ist nur der Ersatz einer bestehenden Produktes. Und alle glauben mit HVO jetzt die Welt zu retten.
Auf die Frage des Handelsblatt an unsere Umweltministerin zum fragwürdigen Import chinesischem Biodiesels kam diese Antwort: Es gibt keinen Handlungsbedarf!
Bildquelle: BR