Desinformation – oder wie einfach lassen wir uns täuschen!

von Petra Boeger

Ich meckere nie wieder über die Deutsche Bahn. Ausgefallene Züge, Verspätungen, verpasste Anschlusszüge. Für eine 2-stündige Bahnfahrt vom Bodensee nach Ulm war ich in dieser Woche knapp 6 Stunden unterwegs. Zeit genug ein Buch zu lesen, dass mir ein Freund vor der Fahrt zugesteckt hat (als hätte er es geahnt 😊 ). „Merchants of Doubt“ von Naomi Oreskes und Erik M. Conway. (auf deutsch: „Zweifel sähen“). Es deckte schon vor mehr als 20 Jahren die Täuschungsstrategien der Tabakindustrie über die Schädlichkeit des Rauchens auf.  Eine Vorgehensweise, wie wir sie ganz aktuell bei vielen Studien und Berichten zur Energiewende und zum Klimawandel erleben. Auch bei den vielen geopolitischen Auseinandersetzungen sind Desinformationen (falsche oder irreführende Berichte) an der Tagesordnung.

Nach einem Bericht des  World Economic Forum  wird Desinformation derzeit als weltweit größte Bedrohung bewertet – vor Extremwetter, Migration oder Inflation. 

Worum also geht es in dem Buch „Merchants of Doubt“? Die Autoren enthüllen, wie die Industrie seit den 1950er Jahren geschickt wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet und Gegenmaßnahmen der Politik verzögert. Wie sie Forschungsprojekte finanziert, die den Zusammenhang zwischen Rauchen und Gesundheitsrisiken infrage stellen. Sie unterstützt Wissenschaftler dabei, Studien zu produzieren, die Zweifel über die schädlichen Auswirkungen des Rauchens schüren. Es werden bewusst Kontroversen in wissenschaftlichen Kreisen gefördert, um Zweifel und Uneinigkeit unter Experten zu inszenieren, die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen und den Eindruck zu erwecken, dass es unterschiedliche Meinungen über die Gesundheitsrisiken des Rauchens gibt.

Mit aufwändigen  Werbekampagnen werden der Glamour des Rauchens betont und damit Bedenken zu möglichen Gesundheitsrisiken minimiert.

Wer erinnert sich nicht an den einsamen Cowboy, der nach getaner Arbeit am Lagerfeuer seine Zigarette genießt?

Die Autoren zeigen, wie wissenschaftliche Integrität untergraben wird und wie Lobbying die öffentliche Meinung beeinflusst. Dieses Buch ist eine Mahnung und hilft, die Mechanismen hinter solchen Täuschungen zu verstehen.

Oreskes und Conway betonen die Bedeutung von Transparenz in der Forschung und der Offenlegung von finanziellen Interessen. Forscher sollen klar darlegen, wer ihre Studien finanziert, um mögliche Interessenkonflikte zu identifizieren.

Ein wichtiger Punkt ist auch, die Medienkompetenz der Öffentlichkeit zu fördern:

Durch kritisches und ideologie-freies Hinterfragen von Berichterstattung und Werbung kann Desinformation erkannt und durchschaut werden. Welche Interessensgruppen  profitieren von welchen Behauptungen?

Dabei ist eines wichtig: nur über einen offenen Diskurs und der Bereitschaft dazuzulernen schaffen wir es, dieser sehr subtilen, von Profis organisierten Desinformation etwas entgegen zu setzen.

P.S. nächste Woche geht’s wieder mit der Bahn an den Bodensee. Ich hoffe auf Zugausfälle und Verspätungen, um den nächsten kritischen Beitrag für unseren Newsletter zu schreiben.

 

Foto: Da suggeriert doch ein Busbetreiber, dass Diesel-Hybrid-Busse keine Tankstelle brauchen. Blauer Engel und Sonnenblume erzeugen Glaubwürdigkeit – ein perfektes Beispiel für Desinformation, die Bürger und Verantwortliche einfach so hinnehmen.

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