Macher im Interview: Walter Schildhauer, HL-Schiffstechnik, Kressbronn

von Petra Boeger

In Zukunft wollen wir regelmäßig herausragende Persönlichkeiten zur emissionsfreien und klimafreundlichen Mobilität in der Region im Rahmen eines Interviews vorstellen.

Heute möchten wir unseren Lesern die Möglichkeit geben, Walter Schildhauer, seine Leidenschaft für nachhaltige Mobilität und sein Know-how in diesem Bereich besser kennen zu lernen. Im Interview wollen wir mehr über seine Motivation, Ziele und Visionen und über ihn erfahren.

 

Hast Du ein Lebensmotto oder einen Leitspruch, der Deine Einstellung zur Arbeit und zum Leben widerspiegelt?

Ich bin mit den Grundwerten Respekt und Wertschätzung – was wir heute vermutlich als nachhaltiges Handeln bezeichnen – groß geworden und durfte diese, bis auf einige bittere Ausnahmen, auch gegenüber mir erfahren.
An dieser Grundhaltung habe ich mein Wirken – ob privat oder beruflich – im Großen und Ganzen ausgerichtet und mich von den wenigen Enttäuschungen und Widerständen nicht aus der Spur bringen lassen.

Was hat Dich dazu bewogen, nach vielen Jahren in der Automobilindustrie in den Bootsbau zu wechseln?

Entsprechend meiner Überzeugung konnte ich die mir gestellten Aufgaben (Entwicklung von Antriebssträngen für Sport- und Luxusfahrzeuge) als Diplom-Ingenieur in der Automobilindustrie nicht mehr mit meinen Wertvorstellungen vertreten und ergriff die Chance, mein Hobby zum Beruf zu machen. Leider ist mit meinem Hobby-Segeln in unserer Region ein wirtschaftliches Überleben nur sehr schwer möglich und so bin ich dem Trend der Kundschaft hin zu technisch anspruchsvollen Motorbooten gefolgt.

Gab es ein Schlüsselerlebnis, das Deinen Fokus auf emissionsfreie Mobilität gelenkt hat?

Von Kindheit an waren meine Hobbys immer naturverbunden. Beim Segelfliegen, Windsurfen und Segeln geht es immer darum, mit den technischen Möglichkeiten das Beste aus den natürlichen Energien (Thermik und Wind) herauszuholen.
Als ich als junger Ingenieur von dem damaligen „Start Up“ MCC (heute unter SMART bekannt) hörte, habe ich dort umgehend angeheuert, um an einem nachhaltigen Mobilitätskonzept mitwirken zu können.

Welche innovativen Technologien oder Ansätze siehst Du als besonders vielversprechend für die Zukunft der nachhaltigen Mobilität?

Hier sehe ich zwei sich ergänzende Ansätze:
Einerseits können Ressourcen viel, viel besser ausgelastet werden, indem die Fahrzeuge geteilt anstatt besessen und speziell für diese Einsatzzwecke optimiert werden.
Andererseits kann die Technik, Werkstoffentwicklung und Verfahrenstechniken unter den zu definierenden Rahmenbedingungen schnell auf die gestellten Anforderungen reagieren und optimierte Lösungen für die unterschiedlichen Anwendungsfelder anbieten. Hier gibt es bereits ein großes Portfolio an nachhaltigen Konzepten für alternative und recyclefähige Werkstoffe samt den dafür notwendigen Verfahrenstechniken, genauso wie für CO2-neutrale Antriebe (E- und Hybrid; E-Fuel).

 Welche Herausforderungen siehst Du bei der Umsetzung regionaler Energielösungen?

Der erste Schritt bei der Transformation hin zu CO2-neutraler Energieversorgung – die Reduktion des Energiebedarfs – scheint der schwierigste zu sein. Niemand möchte auf etwas verzichten oder für etwas „Selbstverständliches“ mehr bezahlen.
Meines Erachtens ist speziell eine regionale Energiewende ohne signifikante Einsparungen („Auch Klein-Vieh macht Mist!“) nicht möglich.
Dass wir lokal den gewonnenen E-Strom in allen denkbaren Formen (Wärme,  Chemisch, etc.) speichern, um zu anderer Zeit und an anderen Orten diese Energie wieder nutzen können, sollte auch allen Akteuren bewusst sein.

Spielt Deiner Meinung nach die Gemeinschaft eine Rolle bei der Förderung nachhaltiger Mobilität?

Ich halte Förderungen nur als Initialzündung und für kurzfristige Hilfe von Bedürftigen für sinnvoll! Fördergelder kommen von der Allgemeinheit – da wäre es doch viel sinnvoller, wenn die Allgemeinheit selbst ihren Beitrag leistet, anstatt dies indirekt mit hohem Verwaltungsaufwand über die öffentliche Hand zu finanzieren.

Wie stellst Du Dir die Mobilitätslandschaft in zehn Jahren vor?

Leider habe ich da keine große Hoffnung, dass sich viel ändert!

  • Am Markt setzt sich immer noch größer & schneller und Geiz ist Geil vor Nachhaltigkeit durch!
  • Die Politik schafft es nicht, die dringend erforderlichen Maßnahmen (siehe Geschwindigkeits-, Größen-, etc. -Begrenzungen von PKWs) durchzusetzen.
  • Die Individuen sehen sich als Opfer und nicht als Lösung: „das bisschen, was ich verbrauche; die anderen verbrauchen viel mehr; das steht mit doch zu – oder?“

Hoffnung macht mir die Jugend:
Diese definiert Luxus anders und sie sieht die Notwendigkeit des nachhaltigen Handelns mit einer deutlich höheren Priorität. Aber bis die „Jugend“ Einfluss auf Politik, den Markt und somit die Wirtschaft nehmen kann, werden noch mehr als 10 Jahre vergehen.

Was reizt Dich an H2connect.eco?

Im Netzwerk von H2connect können wir über die technischen Möglichkeiten informieren und auf die Notwendigkeiten eindringlich hinweisen.
Mit dem Netzwerk und darüber bereitgestellten Informationen und Kontakten steht allen Stakeholdern eine vielfältige Expertise zur Verfügung, so dass Entscheidungen fundiert getroffen werden können.
Für mich als engagierten Diplom-Ingenieur und Unternehmer im Bereich des Wassersports kann ich auf externes Know-how bezüglich der zukünftigen Antriebstechnologien zurückgreifen und gleichzeitig den Bedarf an verlässlichen Rahmenbedingungen bei der Transformation zu CO2-neutralen Antrieben gegenüber der Politik bekunden.

Noch ein paar Sätze zu Dir?

 

Von klein auf bin ich mit dem Bodensee verbunden. Unsere Familie verbrachte schon immer ihre Urlaube auf bzw. am See. Die ersten Jahre auf einem Wohnboot in Bregenz und seit 1976 in unserem Haus in Kressbronn.
So bin ich von klein auf Wassersportler und leitete während meines Studiums eine Windsurfschule am Starnberger See.
Mein Berufsleben als Dipl. Ing. Maschinenbau begann ich bei der ZF Getriebe GmbH in Kressbronn und lernte so die Region mit 1. Wohnsitz in Kressbronn noch besser kennen und schätzen.
Die berufliche Neugierde und Interesse führten mich zu Smart nach Stuttgart, wo unsere beiden Kinder aufwuchsen und wir die Urlaube am Bodensee genossen.
Nach dem „Ende“ des Smart Spirits durch die 100% Integration in Daimler wechselte ich in die Selbständigkeit und fand so unter anderem auch wieder Zugang zur ZF am Bodensee.
Die immer weitere Eskalation der Leistungen der PKW-Antriebe ließ mich an meiner Tätigkeit und deren Sinnhaftigkeit zweifeln, so dass ich mich im Rahmen der damaligen Wirtschaftskrise dem Bootsbau und der Bootstechnik verschrieb und mit einem Kollegen in Tettnang einen kleinen Betrieb aufbaute.
Aus dem kleinen Betrieb sind heute die „HL-Schiffstechnik GmbH“ und die „speedwave GmbH“ mit insgesamt ca. 30 Mitarbeitern geworden.
Jetzt habe ich mit hochmotorisierten Booten zu tun und frage mich, ob diese noch zeitgemäß bzw. ökologisch vertretbar sind. Mit der unternehmerischen Verantwortung kann ich heute nicht einfach den Job wechseln und suche so langfristige Perspektiven für meine Unternehmungen.

 

Herzlichen Dank für das Interview, Walter!

 

 

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